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Von der Idee bis zum fertigen Bild

Dieser Artikel wurde bei 4Nature-Photographers veröffentlicht.

Mit diesem Blogeitrag möchte ich euch anhand einer ausgewählten Aufnahme meinen kompletten Workflow verdeutlichen, von der ersten Idee und der Vorplanung zuhause am Rechner über das Arbeiten vor Ort bis hin zur Bildgestaltung.

Vorplanung der Fototour

Fotolocations in einer mir unbekannten Region zu entdecken ist für mich immer eine ganz besondere Herausforderung. Von Regionen wie beispielsweise dem Karwendel wurden natürlich bereits unzählige Aufnahmen gezeigt. Die besondere Herausforderung ist dann, dass man die bekannten Pfade zumindest ein Stück weit verlässt und nicht der Versuchung erliegt, diese Aufnahmen einfach nach zu machen. Gerade der hier gezeigte Geroldsee hat aktuell wohl einen der am meisten fotografierten und am stärksten überlaufenen Fotospots in ganz Deutschland zu bieten. Die etwas weiter oben gelegene Ansicht mit den idyllischen Heuschobern, dem See und dem Gebirge im Hintergrund kennt ja mittlerweile so gut wie jeder. Als ich Mitte 2017 einen Kurztrip ins Karwendel plante, wollte ich eben solche Aufnahmen nicht machen.

Also nahm ich mir vor, die bekannten Bergseen unter Sternenlicht zu fotografieren. Die Vorplanung einer Fototour wird dadurch ungleich schwieriger. Normalerweise genügen eine Suche in den bekannten Foto-Foren (Fotocommunity, 500px, Naturfotografen-Forum) und das Einblenden der Bilder in Google-Maps, um die bekanntesten Fotospots zu finden. Mit etwas Erfahrung kann man, auch anhand von in der Mittagszeit aufgenommenen Handybildern ableiten, ob eine Fotolocation morgens oder abends bessere Lichtbedingungen zu bieten hat. Bei den Nachtaufnahmen ist dies allerdings nicht so. Denn die Milchstraße und der Mond müssen hierbei noch berücksichtigt werden. Vor allem die App „Photopills“ leistet hierbei grandiose Dienste. Damit kann unter anderem der Stand der Milchstraße zur jeweiligen Jahreszeit und Nachtzeit simuliert werden. Auch die Mondphase sowie dessen Aufgang und Untergang lassen sich damit anzeigen.

In der Literatur wird oftmals angegeben, dass man zur Milchstraßenfotografie Neumondnächte nutzen soll. Für diesen zweitägigen Kurztrip habe ich allerdings bewusst eine Mondphase im letzten Viertel gewählt. Das sehr schwache Mondlicht lässt sich dann bei Nachtaufnahmen hervorragend nutzen, um den Vordergrund etwas zu beleuchten. Bei dieser Aufnahme war der Mond aber noch nicht aufgegangen, sondern stand kurz unterhalb des Horizontes hinter dem Karwendel-Massiv. Diese Aufnahme entstand Mitte Juli, was bedeutet, dass das Zentrum der Milchstraße zu Beginn der Nacht im Südwesten steht und dann nach Südosten wandert. Insgesamt führte dies dazu, dass die Milchstraße zu dieser Nachtzeit (00:20Uhr) deutlich über dem Gebirge hervortritt, und der Himmel durch den Mond dezent leuchtet. In dieser Nacht habe ich fünf Fotospots besucht, um die wechselnden Lichtverhältnisse und die wandernde Milchstraße vor verschiedenen Locations zu fotografieren. Dies war der zweite der fünf Spots.

Die Aufnahme

Aufgrund der umfangreichen Vorplanung musste vor Ort nicht mehr viel getan werden. Mit einer Rotlichtlampe suchte ich das Badeufer des Geroldsees nach einem ansprechenden Vordergrund ab und fand schließlich dieses kleine Boot. Um die Milchstraße und das Boot in einen Bildausschnitt zu bekommen, musste ich hier ein 12mm Fisheye-Objektiv einsetzen. Diese ultraweite Brennweite hat in der Nachtfotografie gleich zwei Vorteile: Zum einen muss man nicht weit abblenden um Vorder- und Hintergrund scharf ins Bild zu bekommen und zum anderen sind mit diesem 180°-Fisheye sehr lange Belichtungszeiten möglich, ohne dass die Sterne aufgrund der Erdrotation zu Strichen werden. Somit konnte ich diese Aufnahme mit Blende 2,8 und 64sek belichten. Das gute Rauschverhalten der hier eingesetzten Vollformat-Kamera ermöglichte eine ISO von 4000.

Betreffend des Bildaufbaus war es mir sehr wichtig, dass die zentralen Elemente (Boot, Gebirge, Milchstraße) nicht mittig angeordnet werden. Durch den Verlauf der Milchstraße war die Position des Bootes in der entgegengesetzten Ecke vorgegeben. Die Kamera wurde dann etwas nach oben geneigt um der Milchstraße mehr Platz zu bieten. Da der Mond ja wie erwähnt noch nicht am Himmel stand, musste ich den Vordergrund etwas aufhellen. Dies geschah durch mein dezent gelb leuchtendes Smartphone-Display, mit welchem ich für ca. 10sek während der Aufnahme hinter meiner Kamera herumwedelte. Das Bewegen dieser Lichtquelle führt zu einem sehr weichen Licht ohne harte Schlagschatten.

Die Milchstraße über dem Geroldsee

Nikon D800E | Walimex 2,8/12mm

12mm | f/2,8 | 64sek | ISO4000

 

Bildbearbeitung

Solche Langzeit-Belichtungen bei Nacht müssen grundsätzlich etwas stärker bearbeitet werden als normale Aufnahmen. Wie immer habe ich dieses Bild ausschließlich in Adobe Lightroom bearbeitet. Die wichtigsten Bearbeitungsschritte möchte ich kurz zusammenfassen:

Es galt zuerst, den Weißabgleich etwas kühler und somit realistischer von 4350K auf 3650K zu korrigieren. Auch der Fisheye-Effekt wurde um etwa 50% korrigiert, da ansonsten aufgrund der Neigung der Kamera der See zu stark verformt ist. Ansonsten wurde global nur noch die Gradationskurve mit einem leicht S-förmigen Verlauf versehen und alle weiteren Korrekturen wurden dann lokal durchgeführt.

Ein Verlaufsfilter über dem Himmel wurde zur starken Steigerung des Kontrastes (+60) und zur moderaten Steigerung der Klarheit (+20) genutzt. Ein weiterer Verlaufsfilter für den Vordergrund wurde zur moderaten Aufhellung (+0,3EV) sowie zur Steigerung des Kontrastes (+30) und der Klarheit (+40) verwendet. Auch das Rauschen im Vordergrund wurde leicht korrigiert (+10). Ein radialer Filter über der Milchstraße bringt diese etwas zum Leuchten (Klarheit +10, Weiß +10, Temperatur+7, Sättigung +15).

Nach diesen Korrekturen wurde das Bild noch entrauscht (Luminanz +30, Kontrast +30, Farbe +40) und geschärft (Betrag 70, Radius 0,9, Maskieren 90) und dann exportiert.

Fazit

Wie so oft ist eine gute Vorplanung das Wichtigste. Auch wenn die Durchführung und Planung von Nachtaufnahmen sicherlich etwas mehr Aufwand bedarf als die „normaler“ Bilder, kann ich trotzdem nur empfehlen es mal zu versuchen. Bereits das Erlebnis, in stockfinsterer Nacht alleine an einem Bergsee zu stehen, ist unvergesslich.